Für gewerbliche Verwender bis August 2023Sicherer Umgang mit Diisocyanaten - Schulungspflicht
Anwenderinnen und Anwender von Montageschäumen (PU-Bauschäumen) sowie von bestimmten Kleb- und Dichtstoffen müssen bis zum 24. August 2023 besondere, neu geregelte Schulungsnachweise vorweisen können. Betroffen sind alle Betriebsstoffe mit einer Gesamtkonzentration an monomeren Diisocyanaten von mehr als 0,1 %. Damit ist insbesondere das Baugewerbe von der Schulungspflicht betroffen. Aber auch in Druckereien kommen Diisocyante zum Einsatz. Betriebe sollten frühzeitig die Schulungen ihrer Mitarbeitenden organisieren.
Welche Gesundheitsgefahren gehen von PU-Schäumen aus?
- PU-Schaum ist ein technisch-chemisches Produkt. Hauptinhaltsstoffe sind Polyalkohole (Polyole), Isocyanate (Diphenylmethan- 4,4´-diisocyanat (MDI)), Treibmittel und je nach Verwendungszweck, Stabilisatoren, Beschleuniger und Flammschutzmittel.
- Bei der Verwendung von PU-Schaum wird der Gefahrstoff Diisocyanat freigesetzt. Diisocyanate sind häufig Auslöser für berufsbedingte Atemwegserkrankungen, insbesondere für Asthma. Wiederholte Kontakte mit Augen und Haut können neben Gewebe-Irritationen auch zur Atemwegssensibilisierung führen. Hier sind insbesondere Methylendiphenyldiisocyanat (MDI), Hexamethylendiisocyanat (HDI), Toluodiisocyanat (TDI) und Isophorondiisocyanat (IPDI) von Bedeutung.
- MDI gilt als Gefahrstoff, der möglicherweise eine krebserzeugende Wirkung haben kann. Daher sind PU-Schäume nach GHS (Globally Harmonised System) mit dem H351 Satz gekennzeichnet.
Warum wurde eine Schulungspflicht eingeführt und wer kontrolliert die Teilnahme?
Um die vorgenannten Gesundheitsgefahren abzuwehren, haben die europäischen Behörden im Rahmen von REACH im August 2020 eine Beschränkung für Diisocyanate beschlossen. Die Verwendung bleibt weiterhin erlaubt, aber nur für Personen, welche eine geeignete Schulung zum Umgang mit PU-Schäumen oder anderer diisocyanathaltiger Betriebsmittel nachweisen können.
- In der REACH- Verordnung sind drei Schulungsstufen definiert: Allgemeine Schulung (Stufe I), Schulung für Fortgeschrittene (Stufe II) und Schulung für Fortgeschrittene (Stufe III) (www.safeusediisocyanates.eu/de/reach). Die meisten Verwender im Baugewerbe dürften mit der allgemeinen Schulung (Stufe I) auskommen.
- Eine Schulungspflichtung nach der REACH-Beschränkungsregelung besteht nur dann, wenn die Konzentration der monomeren Diisocyanate in dem verwendeten Produkt ³ 0,1 Gewichtsprozent (%) ist. Die vom Hersteller angegebene Konzentration für monomere Diisocyanate entnehmen Sie bitte dem Sicherheitsdatenblatt, das Ihnen Ihr Lieferant oder der Hersteller zur Verfügung stellen muss.
- Seit Februar 2022 sind alle PU-Produkte, für die eine Sicherheitsschulung erforderlich ist, durch den folgenden Hinweis gekennzeichnet: „ Ab dem 24. August 2023 ist vor der industriellen oder gewerblichen Verwendung dieses Produkts eine angemessene Schulung erforderlich.“
- Jeder Unternehmer bzw. Unternehmerin muss auf Verlangen der zuständigen Behörde den Schulungsnachweis für alle betriebsangehörigen Personen erbringen, die mit schulungspflichtigen Produkten umgehen bzw. diese anwenden. Typische Anlässe für Kontrollen dürften Betriebsbesuche oder Baustellenbegehungen der zuständigen Arbeitsschutzbehörde (im Kammerbezirk Düsseldorf die Bezirksregierung Düsseldorf) sein.
Wer bietet Schulungen zum Umgang mit Diisocyanaten an?
- Lieferanten von Diisocyanaten müssen sicherstellen, dass dem Empfänger Schulungsunterlagen und Kurse in der Amtssprache des Mitgliedstaats zur Verfügung gestellt werden, in dem die Stoffe oder Gemische geliefert werden.
- Die Schulung muss auf die Spezifität der gelieferten Produkte abgestellt sein, einschließlich Zusammensetzung, Verpackung und Design. Entsprechend ist das zu erreichende Trainingslevel auf den Dokumenten ausgewiesen (Schulungsstufen). Über die betriebs- und anwendungsbezogen erforderlichen Schulungsstufen sollten sich Arbeitgeber frühzeitig informieren.
- Die Schulungen können wahlweise in Präsenz, im virtuellen Klassenzimmer, im eigenen Haus oder als Online-Schulung durchgeführt werden.
- Bitte beachten: Ein Online- oder webbasiertes Training eignet sich jedoch nicht für alle Trainingsinhalte - z. B. nicht für praktische Übungen, die eines Feedbacks des Trainers bedürfen.
- Schulen dürfen alle ausgewiesenen Experten im Arbeitsschutz, darunter auch betriebseigene oder externe Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Schulungen können auch von akkreditierten Trainern durchgeführt werden. Der jeweilige Experte muss für die Trainingsberechtigung eine entsprechende Ausbildung zum Umgang mit Diisocyanaten nachweisen.
- Webbasierte Schulungen und Schulungsunterlagen werden von verschiedenen Verbänden in der chemischen und in der Baustoff-Industrie angeboten. So hat der Verband der europäischen Kleb- und Dichtstoffindustrie (FEICA) in Abstimmung mit der European Diisocyanate & Polyol Producers Association (ISOPA), der European Aliphatic Isocyanates Producer Association (ALIPA) und mehreren anderen Branchen der Polyurethanindustrie ein umfassendes webbasiertes Schulungsprogramm aufgelegt (www.feica.eu/our-projects/safe-use-diisocyanates).
- Bei der Online-Schulung handelt es sich um ein Selbstlernprogramm, das mit einem Quiz (Multiple-Choice-Test) abschließt. Werden die Fragen im Quiz richtig beantwortet, erhalten Sie ein Zertifikat zum Download als PDF und Ausdruck. Dieser Schulungsnachweis wird von den Behörden anerkannt.
- Schulungen in Präsenz, E-Learning oder in Form von Hybridkursen bietet auch der Fachverband Schaumkunststoffe und Polyurethane e.V. (FSK) über das Tochterunternehmen FSK Services GmbH www.fsk-training.de/ an. Die Kursgebühren sind beim Anbieter zu erfragen.
Wie oft muss die Schulung erfolgen?
Jeder Anwender (Selbständiger und/oder Mitarbeiter) muss alle fünf Jahre erneut geschult werden, erstmals aber bis zum 24. August 2023. Dabei hängen Inhalt und Schulungsdauer von der Verwendung von Diisocyanaten in Kombination mit der konkreten Aufgabe ab.
Wie schützen Sie sich und Ihre Mitarbeitenden vor Diisocyanaten?
- Bei ausreichender Belüftung während der Verarbeitung bis zur Aushärtung des PU-Schaums wird der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW-Wert) nicht überschritten. Ausgehärteter PU-Schaum setzt kein Isocyanat mehr frei. EMICODE-Untersuchungen haben gezeigt, dass ausgehärtete PU-Schäume als sehr emissionsarm (EC1plus) eingestuft werden können.
- Zur Vermeidung des Haut- und Augenkontaktes während der Verarbeitung sollten Schutzbrille und Handschuhe getragen werden sowie eine hautbedeckende Arbeitskleidung.
Downloads
www.fsk-vsv.de/wp-content/uploads/2020/10/FSK-REACH-Leitfaden-2020-Verlauf.pdf
eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32020R1149&from=DE
www.safeusediisocyanates.eu/diisocyanates-reach
etem.bgetem.de/1.2021/etem/einsatz-bleibt-moeglich-in-grenzen/document_view